Sonnen

Als ich im Bild angekommen bin stellte ich fest, dass darin alles flüssig ist, nur von aussen betrachtet sieht es getrocknet aus, wie von einer borkenartigen Oberfläche überzogen. Felsen, Wasserlauf, die müden Bäume mit ihren perückenartig herabfallenden Blättern, die Ebene, die Baumstümpfe und all das ist klar zu erkennen. Die Raumtiefe im Bild ist eine scheinbare, es gibt keine Überschneidungen und alles ist wie in Sand gemalt. Die Sonne, ein Ölfleck.

Soll ich vom Ölfleck schreiben oder von der Sonne? Das als Bild zu malen würde mir Spass machen. Beschreiben ist schwieriger, meine Suche nach Worten wird von den unterschiedlichen Oberflächen durchkreuzt. Die Sonne also: eher ein Fleck der in das Papier hinein gesickert ist, mit weichem Umriss, nicht ganz rund, er setzt sich wenig vom fleckigen Papier ab. Vielleicht ist er auch unabsichtlich entstanden, denke ich manchmal wenn ich auf meinem Bildschirm einzoome, ein Unfall beim Machen, dann war er da und ist die Sonne.

Wirklichkeit ist nicht, schreibt Paul Celan, Wirklichkeit will gesucht und gewonnen sein. Rätsel entstehen, möchte ich hinzufügen, indem Wirklichkeit fiktionalisiert wird. Liesse sich Fiktion wieder in Wirklichkeit zurück verwandeln – wie oft könnte man das wiederholen? Was für Landschaften entstünden, Bäume mit grünem Stamm und braunem Blattwerk, die Sonne wäre hier gelb.

Jörg Baier, 2016/2020